Es wird ja schon eine Weile diskutiert, wie denn Das Geständnis von Günter Grass zu bewerten ist, dass er Mitglied der Waffen-SS gewesen ist. Also kann auch ich mir einen Kommentar nicht weiter verkneifen.
Günter Grass hat meines Wissens keinen Hehl daraus gemacht, dass er damals Anhänger des Regimes gewesen ist. Er hat es nach dem Krieg (zu spät, aber früher als viele andere) als Fehler erkannt und bezüglich
seiner politischen Meinung im Gegensatz zu vielen Anderen die Konsequenz gezogen und eine Kehrtwende vollzogen. Das war auch in
Danzig bekannt, als man ihn dort zum Ehrenbürger ernannt hatte. Es war bekannt, als er den Nobelpreis bekommen hat und es war der gesamten deutschen wie internationalen Presse bekannt, die jetzt so fürchterlich überrascht ist.
Nun hat er also eingestanden, dass er vor seiner Kehrtwende auch sehr konsequent war. Wer damals ein Anhänger des Regimes war konnte auch nichts negatives an einer Mitgliedschaft in der Waffen-SS finden - es war für einen Jungen von gerade mal 17 Jahr nur konsequent, dazugehören zu wollen. Die Tatsache seiner Mitgliedschaft selber, überrascht mich also nicht sonderlich.
Er hat seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS bei den Besatzungsbehörden angegeben, aber in der Öffentlichkeit darüber geschwiegen. Naja, es wäre seiner Karriere sicherlich im Weg gestanden. Ich kann ihn verstehen, auch wenn er sich als moralische Instanz, die er nach eigenen Aussagen nie sein wollte, damit selber beschädigt hat. War der Zeitpunkt, den er gewählt hat ausschließlich ein Werbetrick, dann hat es einen Beigeschmack. Hat er aber sein Gewissen entlasten wollen und den Zeitpunkt so gewählt, dass es wenigstens einen positiven Nebeneffekt hat, ist auch das verständlich. Ich kann nicht in ihn hineinsehen und habe keine Hinweise darauf, dass es ihm nicht um sein Gewissen ging. In diesem Punkt spreche ich ihn also aus Mangel an Beweisen frei.
In jedem Fall beschädigt dieses Geständnis seine literarische Leistung nicht im Geringsten. Möglicherweise werden künftige Generationen seine Literatur mit dieser Information anders bewerten als ohne. Andererseits ist es ja schließlich Aktenkundig bei den Besatzungsbehörden und vermutlich kann man diese Information auch noch in deutschen Archiven finden. Insofern kann man davon ausgehen, dass eben jene künftigen Generationen ohnehin über diese Information verfügt hätten. Die Debatte ist also nicht mehr als ein Sturm im Sommerloch.
Missverständnisverhinderungsklausel:
Die Mitgliedschaft in einer Organisation die für den Staatsterror der Nazis zentral mitverantwortlich war wie z.B. der Waffen-SS ist kein Kavaliersdelikt, aber im konkreten Fall überrascht es nicht sonderlich. Wer also jetzt überrascht ist, hat entweder geschlafen, oder versucht aus den berechtigten Gewissensbissen eines Alten Mannes persönlichen Profit zu schlagen. Das ist zwar kein Verbrechen, aber unanständig.